Das Ende einer Legende (m16B.)

  • Liebe Foraner,

    gestern, am 21.09.2018, wurden gegen 19.30 Uhr die beiden 120 m hohen Sendemasten, sowie
    der 50 m hohe Ersatzsendemast des SR Mittelwellensenders Heusweiler gesprengt.

    In meiner Rolle als Radio-und Fernsehtechniker und Dipl.Ing.(FH) Elektrotechnik/Nachrichtentechnik
    habe ich mich am Vortag, namentlich am 20.09.2018, auf den Weg gemacht, um noch einige
    Impressionen bzw. Emotionen des Senders bildlich einzufangen.

    Zunächst einmal 2 Bilder jener Sendetürme, die über 50 Jahre lang das Bild Heusweilers
    bzw. des Kölltertals prägten :





    Am Sender angekommen, traf ich auf einige sehr nette SR-MitarbeiterInnen, die in spontaner
    und unbürokratischer Weise eine kleine Führung durch das Sendegebäude ermöglichten -
    an dieser Stelle meinen herzlichen Dank an das SR-Team.
    Zunächst war am 20.09.2018 in Heusweiler noch einer von vormals 2 Thomson
    Röhrensendern, mit dem von 1972 - 2008 eine HF-Sendeleistung von 600 kW (ein Sender),
    bzw. mit denen von 1973 - 1994 eine Sendeleistung 1200 kW tagsüber, (d.h. mit zwei 600 kW
    Sendern im Parallelbetrieb) erzeugt wurde(n), zu besichtigen.

    Insgesammt gab es pro Sender 4 Endstufenröhren, 2 für den HF-Träger und weitere 2
    für den Modulationsverstärker, mit dem die 2 Seitenbänder der AM erzeugt wurden.






    Extrem robust und langlebig war sie, die franz. Thomson Technik aus 1972.
    1988 wurde die "Dynamische Ampitudenmodulation (DAM)", welche eine Trägerleistungsreduzierung
    in Modulationspausen zum Zwecke der Energieeinsparung vorsieht, nachgerüstet.

    Die Schalttafel des Thomson Senders :


    Im Februar 2008 stellte man in Heusweiler von Röhren- auf Transistortechnik um.
    Dazu wurde der Thomson Sender aus 1972 abgeschaltet und statt dessen 2 TRAM 200
    Systeme von Transradio in Modulartechnik mit einer Gesamtleistung von 400 kW in Betrieb
    genommen. Die Gesamtleistung von 2 x 200 kW ergab sich durch die Addition der Teilleistungen
    vieler Einzelmodule.

    Sender TX 2 von Transradio mit 200 kw, gut zu erkennen sind die einzelnen Module :



    Die Rückseite mit HF-Kopplung :




    Von 1964 bis 1994 wurde das Programm "SR1 -Europawelle Saar" über den
    Sender Heusweiler ausgestrahlt, die hohe Leistung und damit auch große
    Reichweite war sicher ein Grund für diese Namensgebung.

    Anfang der 90er Jahre kam es beim SR zu einem Imagewechsel, man
    trennte Sich von der Hausmarke "Europawelle Saar".

    So konnte ab 1994 der Sender Heusweiler an den Deutschlandfunk (DLF) vermietet werden.
    Bis zum Betriebsende am 31.12.2015 wurde der DLF über die 1422 khz ausgestrahlt.

    Ein besonderes Augenmerk gilt dem Thema DRM ("Digital Radio Mondiale") welches in
    Heusweiler bereits hardwaremäßig vorinstalliert war und eine Art Übergang des AM Sendebetriebes
    ins digitale Zeitalter einläuten sollte. Der große Vorteil des schmalbandigen AM -Betriebs
    (d.h. Freqenzen bis 30 Mhz, respektive Lang-Mittel-und Kurzwelle) im Vergleich zu UKW bzw.
    DAB (+)ist (bzw .war) die höhere Reichweite dieser Bänder. Leider lag gerade dort der
    Hase im Pfeffer, beschränkte sich eine zuverlässige DRM-Übertagung doch eher auf den Nahbereich.
    Ob es hier in Zukunft noch eine Weiterentwicklung sowohl auf der Sender- als auch auf der
    Empfängerseite (d.h. u.a. auch die Verfügbarkeit von Endgeräten) geben wird, bleibt abzuwarten.
    In Deutschland hat man sich von Seitens der ARD bzw. des DLF jedoch weitgehend vom Thema DRM
    distanziert, daher wohl auch die Entscheidung, Heusweiler aufzugeben.

    Sie konnte den Sender Heusweiler leider nicht mehr retten : die eingebaute DRM Hardware



     

    Zum Schluss noch die wirklich beeindruckende Röhrenradiosammlung in Heusweiler :



       

    Hier noch ein sehr interessanter Link zum Thema :

    http://www.saar-nostalgie.de/SenderHeusweiler1.htm

    VG

    Harald

    (Ersteinstellung am 22.09.2018)

    Edit 12.02.2020 : Bilder (teilw.) reaktiviert

    Einmal editiert, zuletzt von saarrail (12. Februar 2020 um 18:35)